Eduard fuhr deshalb im Herbst 1919 nach Calau, um sich mit seinem Bruder Karl und mit seinem Schwager Adolf Zerna über eine beabsichtigte Umsiedlung zu beraten. Sein Schwager Adolf führte in Vetschau einen Landmaschinenhandel und machte Eduard Mut zur Eröffnung einer eigenen Reparaturwerkstatt für Landmaschinen.
Bruder Karl wollte in Calau ein Grundstück besorgen und Schwager Adolf Werkzeug beschaffen. Da die Ergebnisse der Gespräche mit Bruder und Schwager Hoffnung machten, beschloss Eduard seine Umsiedlung vorzubereiten. Ende 1919 wurde ein Bahnwaggon bestellt und beladen, denn alle entbehrlichen Dinge vom Hausstand und Garten sowie Maschinen sollten schon vorab in die Heimat gesandt werden.
Mit der Unabhängigkeit der Polen im Ergebnis des Versailler Vertrages ab Januar 1920 erfolgte eine dreimonatige Postsperre. So war Eduard bis April nicht in der Lage, den Stand der Vorbereitungen in Calau zu erfragen.
Am 8. Januar 1920 zogen die ersten polnischen Truppen in Kulm ein. Der Einmarsch erstreckte sich über drei Tage. Nachdem eine Truppenstärke von ca. 10.000 Mann erreicht war, erfolgte die Aufstellung und der Weitermarsch zur Besetzung des ganzen ehemaligen Westpreußen.
In der Fabrik musste weitergearbeitet werden, obwohl es zu massiven Bedrohungen der verbliebenen Deutschen durch die polnische Belegschaft kam. Die Arbeitsbedingungen wurden unerträglich, so dass Eduard Ende März seine Arbeit in der Fabrik aufgeben musste.
Zum 1. April wollten Eduard und Familie Culm verlassen, aber erst am 15. April wurde die Auswanderungsgenehmigung erteilt. Nun musste alles schnell gehen. Der Auswanderungszug wurde in Bromberg (heute:Bydgoszcz)eingesetzt. Doch der Zug ab Kulm fuhr nur bis Unislaw. So fuhr die Familie dank eines deutschen Bauern in dessen Pferde- Fuhrwerk noch in der Nacht von Unislaw zum Bahnhof Bromberg. Dort wurde das Gepäck kontrolliert und ein Teil weggenommen. Die Reise ging im verschlossenen Zug zunächst nach Schneidemühl und dann über Frankfurt/Oder nach Berlin. Dort musste sich Eduard den Fragen eines Flüchtlingskomitees stellen. Wer von den Auswanderern eine Adresse angeben konnte, wo Verwandte lebten, konnte dorthin weiterreisen. Alle Übrigen kamen in ein Sammellager.
Die weitere Reise ging bis Lübbenau. Dort erfuhren die Reisenden, dass der Zug nach Calau erst am nächsten Morgen fährt. So übernachtete die Familie in einem Hotel in der Nähe des Bahnhofes und erreichte am 19.4. 1920 Calau mit freudigem Herzen. Die Ankömmlinge samt ihres Gepäcks wurden mit dem Pferdefuhrwerk des Bauern Handt zu Bruder Karl in die Kirchstrasse gebracht, der hier eine Schneiderwerkstatt betrieb.
Doch es wurde ein traurigen Empfang. Die Vorbereitungen waren nur unzureichend erledigt worden. Karl schaffte es nicht, ein Grundstück zu erwerben und überließ dies Adolf. Eine Wohnung war nicht vorhanden, so mussten sich Eduard, Selma und ihre beiden Söhne Erich und Hans mit einem kleinen Zimmer begnügen, welches Karl zur Verfügung stellte. Der älteste Sohn Fritz schlief auf dem Scheunenboden von Bäcker Lehmann in der Kirchstraße. Eduard und seine Familie mussten auf ihre Klagen über ihre missliche Lage die Vorwürfe der Schwägerin aushalten, die lauteten: „Was wollt ihr denn hier, warum seid ihr nicht in Polen geblieben?“
Das Grundstück in der Bahnhofstrasse war durch Adolf erworben, aber eine Bebauung zur Möglichkeit einer Unterbringung bzw. der Einrichtung einer Werkstatt war überhaupt nicht gegeben. Eduard war nun gezwungen, in der Scheune des Bäckers Lehmann notdürftig eine Werkstatt einzurichten. Einen Teil der Maschinen hatte Eduard aus Culm beschafft. Weitere Werkzeuge und Maschinen wurden durch Adolf leihweise an Eduard überlassen.
Das Geschäft konnte trotzdem zum 1. Mai 1920 in der Kirchstraße 24 eröffnet werden. In dieser Werkstatt reparierte Eduard mit seinem Sohn Fritz und einem Gesellen Landmaschinen, vorwiegend für die umliegenden Gutsbesitzer. Erster Kunde wurde der Gutsbesitzer Kehrhahn aus Kemmen.
Nach Feierabend ging es mit der ganzen Familie nun täglich zum Grundstück in der Bahnhofstrasse (heute Tiefbau Rentsch & Balke GmbH), um zuerst einen Überweg zum Grundstück herzustellen. Der dort verlaufende breite Straßengraben wurde zugeschüttet. Der dafür benötigte Sand wurde dem Keller des geplanten vorläufigen Barackenbaues entnommen. Strom und Wasserversorgung gab es nicht. Licht wurde durch Petroleum Lampen erzeugt. Es wurde auch ein Brunnen gegraben, der bis zur Wende 1989 noch mit einer Handpumpe betrieben werden konnte und Wasser gab.
Die Baufirma Noack baute den Rademachers im Sommer 1920 eine Schlosserwerkstatt mit anliegender Notwohnung –alles mit Pappbedachung. Die Unterkunft zum Wohnen und Schlafen für die fünfköpfige Familie bestand aus einer Küche und einem Wohnraum. Die Werkstatt lag direkt neben dem Wohnraum. Im Herbst 1920 zog dir Familie hierher um.
Mit seinem Schwager Adolf schloss Eduard einen Pachtvertrag zur Nutzung von Grundstück und Maschinen/Werkzeuge. Eduard erhielt das Vorkaufsrecht über das Grundstück. Adolf Zerna ließ hinter der Werkstatt einen großen Lagerschuppen errichten, der ihm ab 1921 als Unterstellhalle für seinen Landmaschinenhandel diente.
In der Werkstatt hielten Eduard, sein Sohn Fritz, ein Geselle und Lehrlinge den Reparaturbetrieb am Laufen. Es wurde dort alles per Hand gemacht. Die Bohrmaschine bedient oftmals Eduards Ehefrau Selma per Fuß. Da dies auf Dauer nicht zumutbar war, beschloss die Familie, den in Gotha bei seiner Tante weilenden Sohn Hugo nach Calau kommen zu lassen. Hugo hatte eine Dreherlehre in Kulm gemacht. Er fertigte ein Vorgelege für die Drehbank und die Bohrmaschine an und wurde zu einer kräftigen Hilfe in der Werkstatt.
Schwer war der Anfang in die Selbständigkeit, doch nachdem die Werkstatt einigermaßen gut ausgestattet war und auch Aufträge vorlagen, gab es einen schweren Rückschlag. Schwager Adolf kündigte den Pachtvertrag. Mit dem rasanten Geldverfall durch die Inflation und die allgemeine Rezession geriet Eduard ab 1923 in Rückstand mit der Pacht. Die Auflösung des Pachtvertrages erfolgte zum 1.Juli 1924 und die Familie Rademacher musste ausziehen. Schwager Adolf nutzte nun die Werkstatt selbst für seinen Reparaturbetrieb.
Jetzt war guter Rat teuer. Dazu kam, dass Sohn Hugo durch Unvorsichtigkeit beim Umgang mit dem Autogen Schweißgerät einen Unfall erlitt und der linke Arm gelähmt blieb.
Eduard erwarb ein Grundstück an der Ringstraße/Färberstraße. Dort gab es ein Achtfamilienhaus in der Ringstraße und eine Scheune in der Gartenstraße. Das Achtfamilienhaus musste mit übernommen werden, ansonsten hätte es keinen Kaufvertrag gegeben. Die Scheune wurde als Werkstatt umgebaut und eine Notwohnung dazugesetzt, die bis 2011 als Wohnung für die Familie Rademacher diente. Das Achtfamilienhaus wurde 1981 abgerissen. Dieser Kauf führte zu schweren finanziellen Belastungen der Familie und des kleinen Betriebes. Ab Juli 1924 wurde nun in der Färberstraße 29 (heute Nr. 7) die Werkstatt betrieben und Wohnung bezogen.
Mit seinen Söhnen Fritz und Hugo arbeiteten weitere 4 bis 5 Gesellen und Lehrlinge für Eduard. Eine Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilte Landrat Freter bereits 1921.
Ab dem 1.April 1925 begann Sohn Erich die Schlosserlehre im väterlichen Betrieb.
Eduard konnte sich durch fachgerechte und schnelle Ausführung von Reparaturen an den Landmaschinen und anderweitigen Schlosserarbeiten in Calau und Umgebung einen guten Ruf erwerben.
Im Juli 1928 schloss Erich seine Gesellenprüfung erfolgreich ab.
Ab dieser Zeit erledigte die Firma zunehmend Reparaturen am Wasserleitungsnetz der Stadt Calau. Dies führte schließlich zu der Ernennung von Eduard als Wassermeister der Stadt Calau im Jahre 1928. Mit der Stadt Calau wurde ein Vertrag geschlossen, der die Beaufsichtigung, Instandhaltung und Reparatur des gesamten städtischen Wasserleitungsnetzes umfasste. Dazu war die Firma auch für die Wartung der Wasseruhren zuständig.
In den Jahren ab 1930 und folgend verlegte die Firma Rademacher ca. 15 km Wasserleitungen in Calau. Insbesondere für die Erschließung der Siedlungsneubauten in der Anwandter-Straße und Otto-Schmidt Straße.
Die Sowjetarmee, die am 19.April 1945 aus Altdöbern kommend auf Berlin vorrückte, vermutete aufgrund errichteter Panzersperren und Gegenwehr noch größere Verbände der deutschen Wehrmacht in der Stadt Calau. So nahm sie Stellungen und Stadt unter heftigen Beschuss. Diese sinnlose Verteidigung einiger weniger Wehrmachtangehöriger und des Volkssturmes kostete den Calauer Bürgern viel Leid. Durch Granatenbeschuss und Feuersbrunst wurde der Großteil der Calauer Innenstadt zerstört und viele Tote waren zu beklagen.
In der Stadt herrschte Chaos. In vielen Gebäuden waren auch die Wasserleitungen zerstört. Das Wasser lief einfach weg. Eduard Rademacher, Hugo Herrmann und viele Helfer taten ihr Bestes zur Eindämmung und Absperrung des Wassers und reparierten mit den noch vorhandenen Restbeständen an Material und Werkzeug.
Da neues Material in der frühen Nachkriegszeit nicht ausreichend vorhanden war, wurde alles aus Abriss gewonnenes Rohr und Alteisen für eine weitere Verwendung aufbewahrt. Dies stapelte sich auf dem Betriebshof in der Färberstraße. Es sah aus wie auf einem Schrottplatz. Ein Teil des Gartens an der Gartenstraße wurde zur Lagerung der Abwasserrohre und –Formstücke aus Steinzeug benutzt.
Neben den Wasser- ,Abwasser und Sanitärinstallationen als Hauptarbeiten wurden in der Werkstatt aber auch Kleinreparaturen durchgeführt, wie das Hartlöten defekter Töpfe, Schweißarbeiten aller Art, Feilen von Schlüsseln und das Reparieren von Badeöfen, Kinderwagen und vieles mehr.
Das Jahr 1956 wurde überschattet vom Tode des Geschäftsgründers Eduard Rademacher, welcher am 16.Mai mit 82 Jahren verstarb.
Im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) dem sich auch die Handwerker in damaliger Zeit anschließen mussten, stellte Erich seine Werkstatt und Maschinen/Werkzeuge dem Fliegerclub Bronkow kostenlos zur Verfügung. Fluglehrer und Alleskönner Harry Gutsche nutzte diese Möglichkeit des Öfteren. Ich erinnere mich, dass insbesondere die Seilwinde für den motorischen Aufzug der Segelflugzeuge mehrfach auf dem Betriebshof stand und Harry daran reparierte.
Mit der Übernahme der Wasserleitungsarbeiten an den Hauptleitungen durch das Wasserwerk Lübbenau verringerte sich der Anteil der schweren Arbeiten beträchtlich
Die ersten Transporte von Materialien und Werkzeugen erfolgten mit dem Fahrrad, erst 1956 wurde ein P 70 Kombi zugelegt, mit dem auch die Materialien aus Senftenberg herangeholt wurden, da dort die Einkaufs- und Liefergenossenschaft(ELG) Metall Calau/Senftenberg ihren Sitz hatte. Diese wandelte sich ab 1960 in eine PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) um und so entschlossen sich die im Nordkreis ansässigen Handwerker, eine eigene ELG Metall in Calau zu gründen. Auf der Gründungsversammlung in der Altnauer Gaststätte Miersch am 16.1.1960 wurde Erich Rademacher neben Bruno Perschel, Walter Zerna, Erich Wahn(Vetschau), Rudolf Schmidt(Lübbenau), Alexander Woithe (Neupetershain) in den Vorstand gewählt. Erich wurde 1. Vorsitzender und blieb dies bis 1970. Die Lagerräume stellten Adolf und Walter Zerna in der Bahnhofstraße zur Verfügung, gerade an dem Ort, wo die Firma Rademacher von 1920 – 1924 tätig war.
Die ELG Metall Calau unter ihrem Geschäftsführer Joachim Clemens und Mitarbeitern versorgte die Handwerksbetriebe des Nordkreises Calau ab diesem Zeitpunkt mit vielen benötigten Materialien.
Nach der Wende 1989 bestand eine verstärkte Nachfrage zur Umstellung der veralteten Heizungssysteme auf moderne Gas- und Ölkessel. Durch Schulungen und Weiterbildungen wurden die Mitarbeiter qualifiziert. Daneben wurden Sanitäranlagen nach neuestem Stand der Technik errichtet. Aber auch für Kleinreparaturen jeglicher Art blieb die Firma nach wie vor ein zuverlässiger Partner. Für die Wohnungsgenossenschaft „Stadt Calau“ (AWG) wurden seit 1990 bis zum heutigen Tage auf vertraglicher Basis alle anfallenden Reparaturen an deren Wohnungen durchgeführt.
Anfang der neunziger Jahre wurde die Werkstatt modernisiert und der Hof befestigt. Die Fassade von Wohnhaus und Werkstatt wurden erneuert. Moderne Kleintransporter, neue Maschinen und Werkzeuge wurden angeschafft und führten zu weiterer Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Sohn Jörg (Jahrgang 1968) lernte im elterlichen Betrieb und bestand die Gesellenprüfung zum Installateur erfolgreich. Seither ist er eine verlässliche Unterstützung in der Firma.
Firmenchef Heinz Rademacher arbeitete seit längerer Zeit darauf hin, eine geordnete Übergabe des Betriebes an seinen Nachfolger zu garantieren. So wirkte er darauf ein, dass sein Enkel Swen nach Abschluss der Schule eine Lehre als Heizungsinstallateur, in einem fremden Unternehmen aufnahm und anschließend die Meisterschule besuchte. Nach erfolgreichem Abschluss stellte sich Swen verantwortungsvoll der neuen Aufgabe zur Leitung der Firma zur Verfügung.
Zum 1.1.2011 übergab Heinz den Betrieb, inzwischen 71 Jahre alt, an den jungen Meister.
Dieser hat nun die ersten Jahre seiner Selbständigkeit gut gemeistert und konzentriert sich neben Neubau und Wartung von herkömmlichen Heizungssystemen und der Sanitärinstallation zunehmend auf die Problematik der erneuerbaren Energien und der effizienten Nutzung von Energiesystemen. Wünschen wir Ihm und seiner Belegschaft ein gutes Gelingen und allezeit zufriedene Kunden.
Dieser kam nun mit neuem Ehrgeiz und anderen Ideen in das Familienunternehmen und setzte diese auch nach und nach um. Mit der Unterstützung und der Erfahrung seines Opa‘s Heinz und Vater‘s Jörg, der bereits auch über 30 Jahre im Familienbetrieb beschäftigt ist.
Innerhalb von wenigen Jahren wuchs das Unternehmen von 2 auf mittlerweile 15 Angestellt (Stand 01.05.2020).
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